Paul ist schon wieder frustriert. Nach zwei Jahren in seiner aktuellen Position fällt ihm auf, dass er sich nur noch um Organisatorisches kümmert. Er kalkuliert Ressourcenpläne, füllt Anträge aus und kommuniziert überwiegend per E-Mail. Eigentlich möchte er viel lieber bei Anna und Felix dabei sein, wenn sie ein Brainstorming machen oder in einem Team eine innovative Idee entwickeln. Während sich Pauls Aufgaben in die Höhe stapeln, sinkt seine Motivation auf einen neuen Tiefpunkt. Immer wieder beobachtet er Felix und Anna, die angeregt im Besprechungsraum diskutieren und allerlei bunte Klebezettel, Collagen und Konzeptideen an den Wänden verteilen. Eigentlich hat er doch auch viele gute Ideen und erfindet gern neue Dinge.
„Zu Hause ist es ganz anders…“,
denkt Paul. Er hatte den Winter über gespart, um sich für die kommende Grill-Saison seinen Traum-Grill anzuschaffen. Gerade über Weihnachten und Silvester war es mit dem Sparen gar nicht so einfach. Die Geschenke fielen etwas schmaler aus und zum Jahreswechsel wurden ein paar Raketen weniger gekauft. Im April hatte er das Geld dann endlich zusammen und pünktlich zu den ersten warmen Frühlingstagen wurde sein neuer Liebling beim offiziellen Angrillen eingeweiht. Paul tobt sich nun mit Räucherbox, Drehspieß und Temperaturen bis zu 1000 °C voll aus und nach Feierabend recherchiert er die neuesten Tipps und Trends in der Welt des BBQ.
Besonders gern grillt er zusammen mit seinen Freunden und der Familie. Vor allem freut es ihn, wenn er seine Gäste begeistern und das ein oder andere Lob für seine neuesten Kreationen abstauben kann. Überhaupt, wenn er so darüber nachdenkt, ist er wirklich sehr kreativ. Natürlich lässt er sich von Rezepten inspirieren oder grillt sie eins zu eins nach. Aber ganz ehrlich, wer traut sich schon, einen Mars-Riegel zu frittieren und damit dann das Burgerfleisch zu füllen? Bald hat seine Freundin Geburtstag und natürlich wird gegrillt! Spätestens dann möchte er etwas völlig Neues machen, das noch nie auf einem Grill gesehen wurde.
PLING! – Eine eingehende E-Mail reißt Paul aus seinen Gedanken und holt ihn zurück in den Büroalltag. Seine Gesichtszüge verspannen sich wieder und er bemüht sich krampfhaft um Konzentration.
Erkenne die Motive, die Dich in Bewegung bringen!
Unsere Privat- und Arbeitsleben sind heutzutage schon lange nicht mehr so strikt voneinander getrennt, wie es früher einmal der Fall war. Zwar haben wir in den jeweiligen Bereichen verschiedene Rollen, aber wir bleiben der gleiche Mensch. Deshalb können uns Beobachtungen über unsere Denk- und Verhaltensweisen, die wir in einem Bereich machen, häufig auch an anderer Stelle weiterhelfen.
Im Wort Motivation ist nicht umsonst das „Motiv“ enthalten. Es sind bestimmte Motive wie zum Beispiel Leistung, Macht und Anschluss, die uns in Bewegung bringen. Die Motive geben uns auch Aufschluss darüber, welche Art von Zielzustand wir positiv bewerten. Mit Hilfer der 5-Why-Methode findest du ganz einfach die Gründe für bestimmte Zustände heraus, die du beobachtest.
Motivation darf einfach sein
Welche Motive konntest Du bei Paul beobachten? Paul mag die Geselligkeit, die durch die Grill-Atmosphäre entsteht. Auf diese Weise kann er eine positive Beziehung zu den Menschen in seinem Umfeld herstellen. Es motiviert ihn also der Anschluss an andere. Ein weiteres Motiv ist die Leistung. Paul freut sich über Komplimente und hat Spaß daran, seine Fähigkeiten und Kenntnisse stetig zu verbessern.
Würdest Du sagen, dass Pauls Motive zurzeit auch im Job angesprochen werden? Wohl eher nein. Paul arbeitet isoliert an seinen Listen und Formularen. Vielleicht sind ihm die Personen, denen er durch seine Arbeit Struktur und Sicherheit gibt, tatsächlich dankbar dafür. Leider bekommt er es aber kaum mit und es entsteht für ihn der Eindruck, dass er gar nicht wirklich gebraucht wird.
Die Macht der kleinen, realistischen Nahziele
Was könnte Paul nun Deiner Meinung nach tun, um ganz konkret kurzfristig an seinem Motivationszustand etwas zu ändern? Anstatt immer nur E-Mails zu schreiben und Dinge in der Theorie zu durchdenken, könnte Paul versuchen, direkten Kontakt zu den Personen aufzubauen, mit denen er zu tun hat. Er könnte die zuständigen Personen in den Ämtern einfach mal persönlich besuchen oder sogar sein privates Hobby mit in die Firma bringen und ein kleines Grillfest für sein aktuelles Projektteam organisieren.
Bei seinen Routineaufgaben ist es nur allzu verständlich, dass Paul kaum mehr das Gefühl hat, seine Leistung steigern oder etwas Neues dazu zu lernen, auf das er stolz sein kann. Hier kann es Paul helfen, sich kleine, realistische Nahziele zu setzen. Er könnte sich zum Beispiel vornehmen, bestimmte Aufgaben in kürzerer Zeit zu bearbeiten, damit dann mehr Zeit für Aufgaben bleibt, die ihm mehr Spaß machen. Er könnte sich auch Feedbackfragen überlegen und auf diese Weise erfahren, wie er andere Personen durch seine Arbeit noch besser unterstützen kann.
Trainiere Deine motivationale Kompetenz
Wie Du siehst, kann es manchmal hilfreich sein, wenn Du Dir anschaust, warum es Dir bei manchen Dingen leichter fällt, Dich zu motivieren als bei anderen. Hierbei geht es gar nicht unbedingt darum, wofür Du motiviert bist. Motivation hat in erster Linie damit zu tun, dass Du einen Zielzustand positiv bewertest. Diese positive Bewertung hat wiederum mit Deinen persönlichen Motiven zu tun, die von Anschluss, Macht oder Leistung geprägt sein können. Indem Du Deine motivationale Kompetenz trainierst, wird es Dir aktuell und zukünftig gelingen, Situationen mit Deinen eigenen Vorlieben in Einklang zu bringen. Auf diese Weise gelingt es Dir, auch bei unpassenden oder unliebsamen Aufgaben effizient zu handeln, ohne mühsam den Willen dafür aufbringen zu müssen.
Wie sieht es nun bei Dir aus? Welche Motive sind für Dich am wichtigsten? Was könntest Du Dir heute noch vornehmen, um ab sofort in einem bestimmten Bereich motivierter zu sein? In unserem Lexikon-Eintrag „Innovation von A-Z: Motivation“ kannst Du noch mehr zum Thema erfahren.
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