Wir waren für einen Workshop bei einem Kunden gebucht: ein Wochenende mit den Mitarbeitern. Sie sollten gemeinsam neue Ideen für die Zukunft des Unternehmens entwickeln. So weit, so gut. Doch bevor es an die Arbeit ging, stand für die Workshopteilnehmer zum Aufwärmen und Abspannen nach einer langen Arbeitswoche zunächst ein kurzer Golf-Schnupperkurs an – eine Stunde Pitching auf dem Grün und eine Stunde Abschlagtraining auf der Driving Range. Für unsere 10 Leute genau das Richtige um dem Stress der Woche zu entfliehen.
Markus, unser erfahrener Trainer an der Seite, wies uns locker und charmant mit spielerischer Leichtigkeit ins Training ein, erklärte uns die Regeln auf dem Übungsplatz und zeigte uns die ersten Schritte, um den Ball erfolgreich ins Loch zu bekommen. Schritt für Schritt und Schlag für Schlag gewannen die Teilnehmer Freude am Ausprobieren und Einlochen, so dass sie bereit waren für die sehnlichst erwartete Herausforderung: die Driving Range.
„Schlagt einfach mal los“, hieß es von Markus, nachdem er uns das grundlegende Konzept hinter dem Abschlag vorgeführt hatte. Und schon flogen die Bälle – zwar eher knapp über der Rasenoberkante in beliebig falsche Richtungen anstatt hoch in die Luft, aber Übung macht ja den Meister. Also einfach weiter auf die Bälle klopfen. Irgendwann wird schon mal ein Glückstreffer dabei sein.
Sagen Sie uns einfach die geheimen Golf-Tricks und dann können wir das auch
Einem Teilnehmer genügten die Anweisungen des Trainers nicht. Wenn er schon einmal die Gelegenheit habe von einem echten Golf-Profi unterrichtet zu werden, dann wolle er schon hier und jetzt bitte auch Tipps, damit er einen ordentlichen Schlag ausführen könne. „Hey, pass auf.“, entgegnete der Trainer. „Hier sind 10 Leute. Ich muss schon zusehen, dass ich hier nicht einen bevorzuge. Natürlich könnte ich dir jetzt Tipps geben, aber das wäre unfair den anderen gegenüber. Es ist eben ein Schnupperkurs und da sind wir leider limitiert.“ Doch der Teilnehmer ließ nicht locker. „Also gut,“, meinte Markus, „wenn alle einverstanden sind, dann gebe ich eurem Kollegen nun ein paar Tipps, wie er es besser machen kann. Also, zunächst einmal stehst du falsch. Dein linkes Bein muss fünf Zentimeter nach vorne. Der Oberkörper ist zu weit gebeugt, die Knie sind zu weit gestreckt. Die rechte Schulter ist zu weit eingedreht, der Schlägerwinkel ist zu weit. Eigentlich brauchst du einen anderen Schläger. Du solltest auch 3 Zentimeter nach rechts kommen. Außerdem hast du ein 3er Holz. Du musst deinen Rumpf einknicken, ungefähr so. Wenn du Schwung holst, dann solltest du …“. Und so begann eine Salve an Tipps die auf den Teilnehmer einprasselte.
Markus hatte also die Bitte des Teilnehmers um Profi-Ratschläge erfüllt, um dem Workshop-Teilnehmer einen guten Schlag zu ermöglichen. Als er mit seinen Ausführungen zu Ende war, herrschte kurz etwas Stille bei allen, der individuell gecoachte Teilnehmer setzte zum Schlag an und spielte den Ball über den Rasen. Er kam schon etwas höher als bei den Versuchen vorher. Natürlich bedankte er sich für die zahlreichen Tipps.
Ein guter Schlag, aber ich glaube, dass du noch nicht richtig aufgewärmt warst, oder?
In diesem Moment kam Philip um die Ecke, der seit über 7 Jahren bei Markus im Training ist. „Wollt ihr mal sehen, wie der Abschlag bei einem Profi aussieht? Wo soll Philip den Ball hinschlagen?“ Philip nahm die Zielvorgabe entgegen, zog den passenden Schläger, legte einen Golfball auf den Abschlagpunkt und machte sich bereit für den Schlag. Konzentration, Spannung und Schlag. Der Ball flog weit in die Luft und landete knapp in der Nähe des Ziels, trotz des Seitenwindes, der in den letzten Minuten zugenommen hatte. Applaus brandete auf und Markus und Philip tauschten sich darüber aus, welche einzelnen Maßnahmen des Schlag noch besser gemacht hätten.
Die Kurs-Teilnehmer kehrten zurück an ihre Abschlagmatten und konzentrierten sich wieder auf das was der Trainer ihnen zum Anfang des Trainings gesagt hatte: „probiert es heute erst einmal aus – wir machen hier nur einen Schnupperkurs.“
Machen Sie uns mal ein Angebot
Auch uns geht es manchmal wie Markus. Wir werden gefragt, ob wir nicht einen Innovations-Workshop im Unternehmen eines Auftraggebers halten könnten. Dann aber für 20 Leute, 30 Leute, mitunter 40 Leute oder sogar mehr – „aber bitte nur ein Trainer. Wir haben übrigens auch nur einen halben Tag Zeit. Und bitte seien Sie sich bewusst, dass die Teilnehmer das alles in ihrer Freizeit tun müssen. Und nach dem Kurs sollen sie das dann selbst souverän anwenden können und in die Firma tragen als Multiplikatoren. Können Sie uns dafür ein Angebot machen?“
Unsere Antwort ist seitdem: „Haben Sie mit Ihrem Team schon einmal einen Golf-Schnupperkurs gemacht?“
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